Magengeschwür und Sanierungsfall.

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Eine Ex-Stripperin lebte in einem Hochhaus über den Dächern Münchens. Ihr Name war Sandy Kilic (*). Sie lebte zusammen mit ihren Vierbeinern in einer aufgeräumten 3-Zimmer-Wohnung. Dort hatte sie sich ein beschauliches Reich aufgebaut: mit hellem Marmor, besten Möbeln, leistungsfähiger Entertainment-Anlage. Und ihre Bekleidung stammte nur von namhaften Designern.

Der Exmann war ihr bester Freund.

Sandy war weitgehend gesund. Doch beim Alkohol konnte sie sich nicht mäßigen. Schon vor Jahren hatte sie sich von ihrem Mann getrennt. Doch nach der Scheidung hatten beide wieder eine lose Affäre angefangen. Ihr Exmann Jürgen, ein Ingenieur, war stehts die ihr nahesteheste Person geblieben.

Eines nachts rief Sandy ihren Exmann an: „Kannst du bitte kommen? Mir ist ein kleines Malheur passiert.“ Obwohl er am nächsten Morgen Termine hatte, machte sich Jürgen sofort auf den Weg.

Kot in der ganzen Wohnung

Als Jürgen die angelehnte Wohnungstür aufschob stockte ihm der Atem. Der Fußboden war mit Kot bedeckt. Eine Spur zog sich vom Bett ins Wohnzimmer. Dann verlief sie weiter in die Küche und Flur um im Bereich der Toilette zu enden. Auch die Wände waren mit Spritzern übersäht. An sämtlichen Lichtschaltern und Türklinken waren kotverschmierte Fingerabdrücke. Und an Wänden, Vorsprüngen und Kanten zeigten sich ganz mit Kot verschmierte Handabdrücke.

Sandy hatte seit einigen Tagen Bauchschmerzen gehabt. Trotzdem war ihr Alkoholkonsum erheblich gewesen. Doch seit dem Abend erbrach sie nicht nur Blut. Auch hatte sie dunkle, blutige Durchfälle.

Jedenfalls war die Bezeichnung „kleines Malheur“ die blanke Untertreibung. Denn die Luxuswohnung war nun sanierungsbedürftig. Auch die Vierbeiner hatten dazu beigetragen: tapsige Kotspuren erreichten sogar die ansonsten verschont gebliebenen Bereiche.

Wahrscheinlich ein Magengeschwür.

Die Ursache lag am Ehesten in einem Magengeschwür. Und darüber blutete Sandy innerlich. Zusehends bekam sie auch Probleme mit dem Kreislauf. „Ich rufe jetzt einen Arzt.“ sorgte sich Jürgen. Dies verbot ihm Sandy harsch. „Gib mir lieber die Kreislauftropfen.“ forderte Sandy.

Zwischenzeitlich begann Jürgen die Fäkalspuren aufzuwischen. Doch er musste sich eingestehen, dass es aussichtslos war. Außerdem hatte er am nächsten Morgen ein wichtigen Termin. Er musste dringend ins Bett. „Ich komm jetzt schon klar“, sagte Sandy. Jürgen versprach am nächsten Morgen nochmal nach ihr zu sehen.

Am nächsten Morgen war Sandy tot. Jürgen rief den Notarzt. Doch jede Hilfe kam zu spät.

Sturheit, die das Leben kostet.

Bei der Leichenschau sah ich die Spuren der vergangenen Nacht. Trotz der massiven Symptome hatte Sandy keinen Arzt aufgesucht. Wahrscheinlich hätte man ihr noch helfen können. Jedoch diese Unvernunft war haarsträubend.

Stefan Hartl

Jahrgang 1979. 2 Kinder. Arzt seit 2006. Facharzt für Anästhesie, Notfallmedizin, Suchtmedizin, Reisemedizin. Freiberufliche Tätigkeit, u.a. als Leichenschauer, seit 2006. Interessen: Literatur, Reisen.

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