Herr Schröder* brauchte dringend Abstand vom tristen Alltag. Mit Anfang 5o war er geschieden. Und zudem arbeitete er zuviel. Also buchte er einen Flug nach Übersee. Während seines sechswöchigen Urlaubs dachte er nicht viel an zu Hause.
Nach dem mehrstündigen Heimflug mit anschließender Fahrt mit S- und U-Bahn schloss er seine Wohnungstür auf. Aber er bemerkte sofort: irgendetwas war anders. Insbesondere lag ein merkwürdiger Geruch in der Luft. Irgendetwas schien nicht zu stimmen.
In seinem Bett lag ein übergewichtiger, dunkelhäutiger Mann
Also beschloss er nach dem Rechten zu sehen. Er schaltete das Licht an. Und da die Wohnung nicht gerade groß war, fiel sein Blick sofort auf das Bett: in seinem Bett lag ein fremder, übergewichtiger, dunkelhäutiger Mann mit weiß-grauem Haar.
Sofort hatte er seinen Freund Toni Wilhelm* im Verdacht: er musste die Wohnung diesem Fremden überlassen haben!? Oder war Toni überfallen worden? Dieser Fremde musste ein Einbrecher sein!
Herr Schröder hatte vor seinem Urlaub eben Toni den Schlüssel zu seiner Wohnung überlassen. Toni hatte Eheprobleme. Und dazu eine Geliebte. Während seiner Abwesenheit wollte Toni seine Gedanken ordnen. Er wollte sich im Klaren darüber werden, ob er um seine Frau und seine Familie kämpfen wollte. Nicht nur seine Frau hatte Kenntnis von der Geliebten. Auch seine jugendliche Tochter machte Toni schwere Vorwürfe, die Familie zerstört und die Mutter unglücklich gemacht zu haben.
„Wer sind Sie? Und wie kommen Sie in mein Bett?“
„Aufwachen!“ – Herr Schröder rüttelte den Fremden in seinem Bett an den Schultern. „Wer sind Sie? Und wie kommen Sie in mein Bett?“ Weder antwortete der Fremde, noch bewegte er sich. Er lag regungslos auf der Matratze.
Herr Schröder rief die Polizei. „Ein fremder Mann liegt in meinem Bett. Ich komme eben vom Urlaub nach Hause. Und dieser Mann ist bewusstlos.“
Kurze Zeit später trafen Einsatzkräfte in der Wohnung ein. Mehrere Polizeiwagen waren hinbeordert worden, sowie ein Rettungswagen mit Notarzt.
Dem Fremden konnte nicht mehr geholfen werden.
Dem Fremden jedoch konnte nicht mehr geholfen werden. Er war tot. Genauer gesagt: er war schon sehr lange tot, und das womöglich schon mehrere Wochen.
Immerhin klärte sich schnell auf, dass der Tote in Herrn Schröders Bett überhaupt kein Fremder war: denn es handelte sich tatsächlich um seinen Freund Toni Wilhelm. Der war eines nachts eingeschlafen und hatte die Augen für immer geschlossen.
„Die Frisur ist mir bekannt vorgekommen.“
Als ich zur Leichenschau eintraf, dämmerte es Herrn Schröder: „Die Frisur ist mir schon bekannt vorgekommen. Nur der Rest sah fremd aus. Dazu der Geruch…“
Toni Wilhelm hatte wahrscheinlich mehrere Wochen tot im Bett seines Freundes gelegen. Weder Herr Schröder hatte Kontakt zu ihm gehabt, noch seine Familie, mit der er ja im Streit lag.
So war die Verwesung bereits weit fortgeschritten. Der Körper hatte sich bereits dunkel verfärbt. Und er war durch Fäulnisgase massiv aufgetrieben, sodass er 20 Kilo schwerer aussah, als er in Wirklichkeit war. Herr Schröder hatte seinen verstorbenen Kumpel Toni in diesem Zustand nicht mehr erkannt.
Und so endete Herrn Schröders Urlaubsreise in einem Münchner Hotel. Seine Wohnung jedenfalls war zum gegenwärtigen Zeitpunkt unbewohnbar.
(*) Namen selbstverständlich geändert.